Gaia-X: Ein Ökosystem für Gesundheitsdienste

Krankheiten datenbasiert erkennen und therapieren – Europa ist auf dem Weg zur Gesundheitsunion. Wie Gaia-X uns länger selbstbestimmt leben lässt. Und warum Künstliche Intelligenz, Vitamin-D und Kalzium ausreichen, um Behandlungskosten in Milliardenhöhe einzusparen.

Osteoporose macht Knochen porös und lässt sie leicht brechen. Allein in Deutschland leben rund 7 Millionen Menschen mit der Diagnose. Gemeinsam mit Herz-Kreislauferkrankungen, Demenz, Lungenkrebs und Schlaganfällen gehört Knochenschwund zu den großen Volkskrankheiten und damit großen Belastungen für das Gesundheitssystem. Und das, obwohl sich Osteoporose gut behandeln lässt – wenn sie frühzeitig genug erkannt wird. Aber genau das gelingt in den meisten Fällen nicht. Bonescreen möchte das ändern. Das Start-up aus München hat eine Software entwickelt, die prognostiziert, wie wahrscheinlich es ist, an Osteoporose zu erkranken. Der Vorteil: Statt die Diagnose wie bisher erst bei Verdacht zu sichern, reichen Bonescreen nahezu beliebige und bereits vorhandene Computertomographie-Scans aus: Künstliche Intelligenz (KI) ist in der Lage, das individuelle Risiko zu bestimmen – und das, weit bevor Symptome auftreten.

Daten selbstbestimmt teilen, Krankheiten besser therapieren

Auch anderswo in der Gesundheitswirtschaft soll die Digitalisierung Effekte wie diese freisetzen. Beispiel HEALTH-X dataLOFT: Das Projekt realisiert einen offenen Datenraum, um medizinische Informationen bereitzustellen, zu nutzen und zu teilen. Die Besonderheit: Arztberichte, Patientenakten und Laborergebnisse sollen sich beispielsweise mit Sensorwerten von Fitnesstrackern, Wellness-Apps und Smartwatches verbinden lassen. So sollen sich Krankheiten schneller diagnostizieren, therapieren und versorgen lassen.

Damit das gelingt, setzt HEALTH-X dataLOFT auf Gaia-X. Die verteilte und vernetzte Dateninfrastruktur schließt die oftmals proprietären medizinischen Silos auf und lässt Informationen standardisiert und offen fließen. Kernstück sind die Softwaredienste, die das Gaia-X Federation Services Projekt (GXFS) vor kurzem öffentlich bereitgestellt hat, um Daten sicher, souverän, transparent und vertrauensvoll auszutauschen. Vorteil für die Patient:innen: Egal, ob elektronische Verschreibungen, Röntgenaufnahmen, Laborergebnisse oder Entlassungsberichte – jede:r kontrolliert selbst, was zu welchem Zweck mit wem geteilt wird.

Gaia-X hält Dienste, Daten und Services zusammen

Sicher, souverän und vertrauensvoll – in der Gesundheitswirtschaft mit Gaia-X kann jede:r einen KI-Dienst wie Bonescreen künftig problemlos und einfach nutzen. Das Ökosystem hält Daten, Dienste und Services übergreifend zusammen. Nicht anders im Projekt TEAM-X. Das Trusted Ecosystem of Applied Medical Data eXchange setzt ebenfalls auf Gaia-X und zielt auf volkwirtschaftliche Aspekte für das Gemeinwohl.

Mit im Fokus von TEAM-X stehen Pflegedienste und ihre Daten. „Digitale Geräte sind heute überall Standard, um Pflegeleistungen zu dokumentieren, abzurechnen und erlösorientiert zu planen“, sagt Bruno Ristok, Geschäftsführer bei C&S Computer und Software, im Interview auf gxfs.eu. Als Konsortialpartner realisiert das Unternehmen eine digitale Pflegeplattform, auf der alle Informationen zusammenlaufen sollen – zum einen von den ambulanten Pflegeservices, zum anderen aber auch von den smarten Assistenzsystemen aus den Haushalten. Denn: „Von Sprachassistenten über Gesundheitsapps und vernetzte Trinkbecher bis hin zu intelligenten Pflastern – Geräte wie diese helfen im Alltag, entlasten aber auch die Pflegedienste.“

Mobilität trifft Versorgung: Neue Chancen für übergreifende Services

Über die Plattform sollen dann Dienste entstehen, die den Pflegebedürftigen helfen, ihren Alltag selbstbestimmt zu strukturieren und die es Angehörigen ermöglichen, beispielsweise Besuche des Pflegepersonals oder Medikamenteneinnahmen im Blick zu behalten. Ristok: „Sind Daten sektorenübergreifend Gaia-X konform integriert, dann sind Szenarien denkbar, bei denen Pflegebedürftige nicht nur ihre Besuche bei Ärzt:innen via Sprachassistent planen, sondern das notwendige Verkehrsmittel vollautomatisch gleich mit buchen.“ Egal, ob rollstuhlgerechter Krankentransport, Uber oder Sammeltaxi.

Nicht anders sollen Pflegedienste mit intelligenten Helfern arbeiten, um Pflegeleistungen einfacher und schneller zu dokumentieren. Und sind Hausärzt:innen an die Plattform angeschlossen, lesen sie aus Smartwatch und Ernährungsplan sogar das eigene Pflegerisiko heraus: Wer sich ausgewogen ernährt und ausreichend bewegt, verhindert Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Datenraum Europa: Auf dem Weg zur Gesundheitsunion

Informationen teilen, intelligente Services realisieren und die Gesundheitswirtschaft übergreifend digitalisieren – auch die EU-Kommission hat das Thema erkannt. Im Mai 2022 hat Brüssel den europäischen Raum für Gesundheitsdaten auf den Weg gebracht. Der European Health Data Space (EHDS) soll den Weg zur Gesundheitsunion ebnen. Bürger:innen sollen ihre Informationen eigenverantwortlich verwalten, kontrollieren und länderübergreifend austauschen können. Dazu fördert der EHDS einen Binnenmarkt für digitale Healthcare-Dienste und schafft zugleich den vertrauenswürdigen Rahmen, um Gesundheitsdaten DS-GVO-konform für die medizinische Forschung nutzen zu können – ein Novum für Europa.

Mehr Prävention, weniger Behandlung: KI spart Gesundheitskosten

Krankheiten mit KI besser therapieren und die medizinische Versorgung datenbasiert verbessern – dass sich das zudem ökonomisch lohnt, rechnet Bonescreen auf seiner Website vor. Bislang fließen 50 Milliarden Euro und damit 97 Prozent der Gesundheitskosten, die Europa für Osteoporose aufwendet, in die Versorgung von Brüchen – und nur 3 Prozent in die Prävention. Ein Verhältnis, dass smarte Algorithmen umkehren können, wenn sich Dienste leichter nutzen und die dafür notwendigen Informationen einfacher verfügbar machen lassen. Denn frühzeitig mit KI erkannt reichen Vitamin-D und Kalzium oftmals aus, damit eigene Knochen stabil und Gesundheitskosten für die Allgemeinheut klein bleiben.


Autor: Nils Klute, IT-Fachredakteur und Projektmanager Kommunikation bei EuroCloud Deutschland

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