Im Interview mit Andreas Weiss, Projektleiter GXFS und Geschäftsbereichsleiter digitale Geschäftsmodelle im eco e. V.
Gaia-X nimmt Gestalt an. Über die weitere Ausgestaltung, entlang der Bedürfnisse und Probleme der Anwender, berichtet im Interview Andreas Weiss, Projektleiter GXFS und Geschäftsbereichsleiter digitale Geschäftsmodelle im eco – Verband der Internetwirtschaft e. V. Konkrete Strategien für datenbasierte Geschäftsmodelle mit Gaia-X erleben live alle Besucher:innen der Hannover Messe (17.-21. April, Halle 8, Stand D26) und der Cloud Expo Europe (10.-11. Mai in Frankfurt, Halle 8, Stand H040).
Herr Weiss, wie ist der Stand der Dinge und der zeitliche Ausblick bei den GXFS (Gaia-X Federation Services)-Arbeitspaketen?
Wir sind mit allen geplanten Werken aus der ersten Spezifikationsphase durch. Bei einigen läuft noch die Quality Assurance (QA), aber wir konnten schon die wichtigsten Funktionen auf einer Liveumgebung einrichten. Kürzlich haben wir einen hybriden GXFS-Workshop mit über 200 Teilnehmenden durchgeführt und beim anschließenden Hackathon hat die Community direkt mal ein paar Anwendungsszenarien umgesetzt. Wir werden in Bezug auf die weitere Interoperabilität und die Anforderungen der Gaia-X Förderprojekte noch einige Erweiterungen aus der Fördermaßnahme heraus durchführen lassen, aber mit der bald anstehenden Überführung Richtung Eclipse Foundation ist dann im Laufe des Jahres die Community im Lead. Unser Projektteam wird diesen Communityaufbau noch einige Zeit mit Transfermaßnahmen begleiten.
Welche Herausforderungen wurden bereits gemeistert, welche stehen noch bevor?
Die größte Herausforderung war zunächst, die vielen Ideen aus der Startphase von Gaia-X in funktionale Anforderungen und in lauffähige Anwendungen zu übersetzen – einhergehend mit der Dynamik der Fragestellungen rund um Datenräume, Datensouveränität, europäische Cloud Angebote, Edge Computing und industrielle digitale Transformation. Daher war es wichtig, ein paar Ankerpunkte zu haben. Ich glaube, das haben wir mit GXFS geschafft. Jetzt geht es darum, dieses Funktionskonzept der föderierten Dienste für die konkreten Projekte mit datenbasiertem Mehrwertversprechen anwendbar zu machen, also die Hilfestellung zu geben, diese Services in die eigenen Funktionskonzepte zu integrieren. Da gibt es viele Gemeinsamkeiten, aber auch viele Spezialanforderungen, sei es zum Beispiel für Gesundheitsdienste, Finanzwirtschaft oder auch für die Verwaltungsdienste.
Wie greifen die GXFS und die Arbeit der AISBL ineinander?
Zunächst ist zu sagen, dass es zwei Förderprojekte unter der Bezeichnung GXFS gibt. Das deutsche Projekt wurde Ende 2020 gestartet – da gab es die AISBL formal noch gar nicht – und das aus Frankreich im Frühjahr 2022. Bei GXFS-DE haben wir uns auf die Anforderungen für den Aufbau und die Innenorganisation von Föderationen, also Identitäten, Katalogdienste, Servicebuchungen und Überprüfung von Compliance-Anforderungen fokussiert. GXFS-FR hat mehr die Darstellung von generischen Cloud-Diensten mit marktrelevanten Güteanforderungen und die damit verbundenen technischen Validierungsmechanismen im Blick.
Beide Aktivitäten haben einen engen Bezug zu den Spezifikationsarbeiten der AISBL, wir sehen da aber noch viel mehr Verbindungen zu weiteren Initiativen, gerade im Bereich der Industrie, der Wissenschaft und der Verwaltung. Mit der nächsten Initiative Manufacturing-X müssen auch die Konzepte der Plattform Industrie 4.0, wie zum Beispiel der Verwaltungsschale (Asset Administration Shell – AAS) und weitere Konzepte aus dem Shopfloor (der internen Produktionsumgebung) anschlussfähig sein. Dazu wird auch das anstehende IPCEI-CIS (Important Project of Common European Interest on Next Generation Cloud Infrastructure and Services) einen relevanten Beitrag leisten. Wichtig ist, dass bei der weitern Ausgestaltung die Bedürfnisse und Probleme der Anwender adressiert werden und kein abstraktes Konzept mit vielen Einschränkungen und Vorgaben durchgeboxt wird.
Wie greifen die GXFS und aktuelle Leuchtturmprojekte (z.B. die 11 vom BMWK geförderten) ineinander?
Erste GXFS-Komponenten, wie zum Beispiel der Notarisation Service, werden schon sehr bald produktiv im Umfeld von Catena-X zum Einsatz kommen. Hier wird die Deutsche Telekom einen sogenannten Clearing House Dienst anbieten, der die Verbindung zwischen den Catena-X Teilnehmerprofilen und dem Gaia-X Trustframework herstellt. Zudem arbeiten wir bei der Übersetzung der Catena-X Spezifikationen für das Teilnehmer Onboarding mit den Fachteams zusammen und haben dafür auch eine LowCode-Prozessengine im GXFS-Portfolio. Was die Gaia-X Förderprojekte betrifft, arbeiten wir über den Gaia-X Hub Deutschland mit den Projektverantwortlichen eng zusammen. Da haben wir zum Beispiel eine Wallet-Taskforce und regelmäßige Abstimmungen zu funktionalen Anforderungen. Die meisten Projekte waren auch bei dem letzten GXFS-Workshop persönlich dabei und erlernen gerade die Nutzung der GXFS-Services.
Welche Beziehungen gibt es zwischen den GXFS und weiteren Projekten wie SCS (Sovereign Cloud Stack)?
Wir pflegen hier eine komplementäre Zusammenarbeit. Der SCS ist unsere Referenzplattform für den Betrieb der GXFS über die Kubernetes Clusterfunktionen. Unser gesamtes GXFS-Demosystem läuft auf SCS und wird von einigen deutschen Cloudprovidern als Standardservice angeboten. Natürlich ist der Betrieb von GXFS nicht auf Infrastrukturplattformen wie SCS eingeschränkt, daher setzten wir auf Kubernetes auf, aber es ist uns wichtig, dass diese beiden Entwicklungen gut aufeinander abgestimmt sind. Jetzt geht es sowieso in erster Linie darum, das Angebot in die Breite zu tragen – also auch weg von Folienschlachten und tausenden Seiten von Spezifikationen – hin in die echte Umsetzung. Der Markt erwartet nun auch langsam konkret nachvollziehbare Strategien für datenbasierte Geschäftsmodelle. GXFS stellt dazu einen Funktionsbereich als Referenzimplementierung zur Verfügung, das muss aber auch zusammen mit den Umsetzungen von Datenräumen in belastbare Betriebskonzepte überführt werden.